„Ziele, Zahlen, Zeitersparnis. Wieviel Management brauchen Archive?“ – 20. Archivwissenschaftliches Kolloquium vom 10. bis 11. Juni 2015 in der Evangelischen Stadtmission Marburg

Eine Podiumsdiskussion, drei Moderatoren, zehn beteiligte Institutionen, elf Vorträge, 14 Referenten, 101 angemeldete Teilnehmer, unzählige Gespräche neben und nach den Vorträgen: Auf dem 20. Archivwissenschaftlichen Kolloquium diskutierten Archivare und Archivarinnen aus dem In- und Ausland unter dem Titel „Ziele Zahlen, Zeitersparnis. Wieviel Management brauchen Archive?“ grundlegende und aktuelle Probleme von Archivmanagement und -leitung.

Nachdem Dr. Andreas Hedwig (Staatsarchiv Marburg) in seinem Eröffnungsvortrag einen Überblick zu Stand und Chancen der Nutzung betriebswirtschaftlicher Steuerungselemente gegeben hatte,  standen in einer ersten, von Dr. Dominik Haffer geleiteten Sektion Theorie und Praxis von Managementkonzepten im Zentrum des Interesses. Stefan Plettendorf M.A. (Historisches Archiv des Erzbistums Köln) zeigte am Beispiel von Depositalverträgen, dass es möglich und sinnvoll sein kann, archivarische Arbeitsprozesse aus der Warte volkswirtschaftlicher Theorien zu beleuchten. Demgegenüber mahnte Oliver Laux-Steiner M.A. (Debeka Unternehmensarchiv) mit Nachdruck eine stärkere Kundenorientierung öffentlicher und privater Archive an. Der Begriff des ‚Nutzers‘ müsse durch den des ‚Kunden‘ ersetzt werden.  Kerstin Risse (Bundesarchiv) widmete sich in ihrem Vortrag einem Problem mit großer Bedeutung für Archivare, die mit der Erschließung umfangreicher Aktenbestände befasst sind: Sie schilderte wie es unter Einbeziehung von Studentengruppen gelungen ist, einen Großbestand von Ministerialakten aus der DDR zeitnah zu verzeichnen.

Die zweite Sektion wurde von Dr. Irmgard Christa Becker moderiert. Unter dem Titel „Synergieeffekte durch Kooperationen?“ schilderten zunächst Michael Stoffregen (Staatsarchiv Hamburg), Dr. Gudrun Fiedler (Niedersächsisches Landesarchiv) sowie Dr. Thomas Bardelle (Niedersächsisches Landesarchiv) Grundlagen, Vorteile und Eigenarten der Kooperation ihrer Häuser am Standort Stade. Im Anschluss beschrieb Dr. Kathrin Pilger (Landesarchiv NRW) die Netzwerke in Öffentlichkeits- und historischer Bildungsarbeit an den drei Standorten des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Den Abschluss der Sektion bildete der Vortrag von Manfred Waßner (Kreisarchiv Esslingen a.N.). Waßner zeigte die Chancen auf, welche die Zusammenarbeit mit dem Landesarchiv auf dem Gebiet der digitalen Langzeitarchivierung für die Kommunalarchive in Baden-Württemberg mit sich bringen.

Sektion 3 am folgenden Tag stand unter der Leitung von Dr. Valeska Koal. Dr. Ralf Brachtendorf (Landesarchiv NRW) schilderte in einem ersten Referat die Herausforderungen, die der Umzug der Abteilung Rheinland von Düsseldorf nach Duisburg für ihn und seine Kollegen mit sich brachte. Im Anschluss widmete sich Dr. Burkhard Nolte (Sächsisches Staatsarchiv) den theoretischen Grundlagen von Qualitätscontrolling sowie den Möglichkeiten einer Implementierung im archivischen Umfeld.  Es folgten abschließend zwei Referate von Vertretern des Niedersächsischen Landesarchivs: Dr. Sabine Graf beschäftigte sich intensiv mit Möglichkeiten und Grenzen der Qualitätssicherung und führte Widersprüche sowie unvermeidbare Ungleichgewichte vor Augen. Dr. Michael Hermann präsentierte das fortschrittliche Controlling- und Personalmanagement-Konzept seines Heimatarchivs.

Am Ende von zwei arbeitsintensiven Tagen diskutierten Dr. Andreas Hedwig, Dr. Michael Hermann, Oliver Laux-Steiner M.A. und Dr. Burkhard Nolte unter der Leitung von Dr. Irmgard Christa Becker die im Rahmen der Vorträge aufgeworfenen Fragen. Alle Diskutanten waren sich einig, dass eine vertiefende Beschäftigung mit den gar nicht mehr so neuen Steuerungsinstrumenten nicht nur sinnvoll, sondern zwingend erforderlich ist, wenn Archive im 21. Jahrhundert bestehen wollen.

Die Archivschule Marburg bedankt sich bei allen, die an Vorbereitung und Durchführung des 20. Archivwissenschaftlichen Kolloquiums beteiligt waren und zu seinem Gelingen beigetragen haben! Ein Tagungsband ist in Vorbereitung.

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