Die Archivschule Marburg feiert Geburtstag!

Die Archivschule Marburg ist also ein Kind der Nachkriegszeit. Ihre Aufgabe bestand zunächst darin, das 1930 am Geheimen Staatsarchiv in Berlin-Dahlem gegründete und nach Kriegsende aufgegebene „Institut für Archivwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Fortbildung“ (IfA) zu ersetzen und für Westdeutschland wieder eine archivarische Fachausbildung außerhalb Bayerns zu ermöglichen.

Marburg als Standort der neuen Lehrstätte war jedoch keineswegs gesetzt. 1946 war zunächst Münster als Standort im Gespräch, für das die Archivare der britischen Besatzungszone die Initiative ergriffen, und das von der dortigen Militärregierung unterstützt wurde. Für Marburg sprach, neben dem hier traditionell besonders gut ausgestatteten Staatsarchiv, aus dem dann zunächst der Lehrbetrieb rekrutiert wurde, auch eine ältere Tradition: Von 1894-1904 bestand hier nämlich schon einmal eine erste Marburger Archivschule, damals gegründet vom Direktor der preußischen Staatsarchive, Heinrich von Sybel, und dem Marburger Professor für historische Hilfswissenschaften, Paul Fridolin Kehr. Sie war die preußische Antwort auf die 1821 gegründete Bayerische Archivschule in München und wurde 1903 nach Berlin verlegt. Das Bewusstsein für die Marburger Wurzel des Berliner Instituts blieb aber erhalten, was sich auch darin zeigte, dass das Institut kriegsbedingt 1944 für wenige Monate nach Marburg zurückkehrte, bevor der Unterrichtsbetrieb Ende November gänzlich eingestellt wurde.

Die Marburger Archivschule steht also in der Kontinuität der preußischen Archivarausbildung. Diese preußische Tradition wird auch personell deutlich, denn sowohl Georg Wilhelm Sante, der sich als Direktor des Wiesbadener Staatsarchivs massiv für die Gründung in Marburg eingesetzt hatte, als auch Ludwig Dehio, der erste Leiter der Archivschule, waren Absolventen des Berliner Instituts, Dehio sogar Dozent am IfA gewesen.

Letzteres gilt übrigens auch für Heinrich Otto Meisner, einen der maßgeblichen Gründungsväter des Instituts für Archivwissenschaft in Potsdam und an der HU Berlin, der schon in den 30er Jahren am IfA lehrte. So stand das Potsdamer Institut als Gegengründung im sowjetischen Sektor in derselben archivwissenschaftlichen Tradition wie die Marburger Archivschule, und die beiden Archivschulen spiegelten zugleich auch die deutsche Teilung während des Kalten Krieges wieder.

Nach der Wiedervereinigung und nach Abwicklung der alten DDR-Ausbildung erfolgte mit dem Fachbereich ABD (heute FB Informationswissenschaften) an der Fachhochschule Potsdam eine Neugründung, die inzwischen als weitere bundesweite Ausbildungsinstitution im deutschen Archivwesen anerkannt ist und neben der nach wie vor bestehenden Münchner Archivschule die dritte Ausbildungsstätte ist.

Die Rolle als eine der zentralen Institutionen des deutschen Archivwesens, unter anderem neben dem Verband deutscher Archivarinnen und Archivare (VdA, seit 1946) und dessen Mitteilungsblatt „Der Archivar“ als Zentralorgan des Berufsstandes (seit 1947), füllt die Archivschule bis heute aus.


Rede von Kultusminister Dr. Erwin Stein anlässlich der Eröffnung der Archivschule Marburg

Die Archivschule gedenkt ihrer Geschichte außerdem in einer Ausstellung "70 Jahre Archivschule Marburg", die vom 25.6.-2.7.2019 im Foyer des Staatsarchivs Marburg besichtigt werden kann.

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