Die heutige Sylvester-Jordan-Straße wurde Anfang der 50er Jahre parallel zur Weintrautstraße angelegt und führte seit 1955 den Namen "Breslauer Straße". Namensgeber war der Marburger Rechtsprofessor und Vater der kurhessischen Verfassung Sylvester Jordan.

Nach der Eingliederung der Umlandgemeinden in die Stadt Marburg mit Wirkung vom 1.Juli 1974 gab es aber im erweiterten Stadtgebiet mehrfache Doppelbenennungen. Allein drei Straßen in Cappel, Wehrda und der Kernstadt hatten den Namen "Breslauer Straße". Die Stadt erkannte sofort, daß eine Bereinigung des Straßennamenverzeichnisses dringend notwendig war, um unliebsame Verwechslungen durch die etwa 150 gleichlautenden Straßenbezeichnungen zu vermeiden.

Die Stadtverwaltung sammelte dazu Vorschläge über die Neubenennung von gleichlautenden Straßen. In den Stadtteilen wurden diese Vorschläge mit den Ortsbeiräten abgesprochen, während sie für den Bereich der Kernstadt von einer Kommission erarbeitet wurden. Bei den vorgeschlagenen Straßenumbenennungen sollten in erster Linie Flurbezeichnungen berücksichtigt werden. Darüberhinaus enthielten die Vorschläge Namen verdienter Persönlichkeiten, die mit der Universitätsstadt Marburg verbunden waren.

Der Magistrat bat schließlich in einer Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung vom 13. Februar 1975 den in einer Anlage aufgeführten Straßenumbenennungen zuzustimmen1.Neben mehreren anderen Straßen enthielt diese Listen auch die Namensänderung der Breslauer Straße. Dabei sollte die Straße in der Kernstadt den Namen "Sylvester-Jordan-Straße" und die Straße in Wehrda den Namen "Ernst-Reuter-Straße" erhalten, während die Breslauer Straße in Cappel ihren Namen behalten sollte.

In der folgenden Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 28. Februar 1975 wurde die Vorlage beraten2.Es gab dabei eine Reihe von Veränderungen der Straßenbenennungen, von denen die Breslauer Straße allerdings nicht betroffen war. Schließlich wurden die vorgesehenen Namensänderungen einstimmig beschlossen. Nachdem auch der Magistrat der geänderten Straßenliste am 3. März 1975 zugestimmt hatte3, traten die Umbenennungen in Kraft.

Es war dies allerdings nicht die erste Benennung einer Straße nach Sylvester Jordan. Im Jahre 1974 war eine Neubaustraße südlich der Heinrich-Heine-Straße zunächst als Sylvester-Jordan-Straße vorgesehen. Am 29. März 1974 hatte die Stadtverordneten auf Vorschlag des Bauausschusses die entsprechende Benennung beschlossen4. Dieser Beschluß wurde aber gegenstandslos, nachdem Magistrat und Stadtverordnetenversammlung ein Jahr später sich darauf einigten, die nahegelegene bisherige Breslauer Straße diesen Namen zu geben.



Literaturangaben:

Bernd-Ulrich Kettner, Politische Straßennamen in der Stadt Marburg, in: Wolfgang Brandt (Hg.), Sprache in Vergangenheit und Gegenwart (Marburger Studien zur Geschichte), Marburg 1988 , S. 141-154

Günther Kleinknecht: Sylvester Jordan. Ein deutscher Liberaler im Vormärz, Marburg 1983

Rainer Polley: Die Kurhessische Verfassung von 1831, Marburg 1981

Hellmut Saier: Sylvester Jordan und die Kurhessische Verfassung von 1831, Marburg 1981

Zusammengestellt von Cornelius Gorka.


Fussnoten:
1 Stadtarchiv Marburg D 2895/29
2 Ebenda D 2942/8
3 Ebenda D 2909/30
4 Ebenda D 2942/7


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